„Wie verdichtete Energie“
Woher rührt diese Faszination von Natursteinküchen? Warum lieben die Menschen es, sie anzufassen? Ein Gespräch mit Walter Schwanekamp, unserem Kooperationspartner in Sachen Stein.
Was macht für Sie die besondere Stärke von Naturstein als Küchenmaterial aus?
Zum einen die schiere Materialqualität. Da sprechen wir bei Naturstein von einer großen Bandbreite, die vom sensibleren Marmor und den Kalksteinen bis zum harten Granit und granitähnlichen Steinen reicht. Gerade Letztere sind äußerst robust, kratz- und säureunempfindlich. Naturstein ist auch völlig lichtstabil, weil kein Bindemittel oder Kleber darin steckt, der unter starker Sonneneinstrahlung vergilben könnte. Denn wir beschichten den Stein nicht, sondern imprägnieren ihn. Dadurch werden die mikrofeinen Poren im Stein geschlossen – das ist der beste Schutz gegen Fette und Öle. Gerade den Deutschen ist diese Unkaputtbarkeit und Beständigkeit äußerst wichtig.
Der Weise der Steine: Walter Schwanekamp ist der Seniorchef des Familienunternehmens Schwanekamp GmbH, wo man sich seit über 60 Jahren mit Natursteinlösungen für den Möbelbau befasst.
Ist das anderswo anders?
Oh ja, bei den Italienern etwa. Das ist auch eine kulturelle Frage und eine Frage der Tradition. Dort ist Marmor schon lange, wohl schon seit der Antike, ein gebräuchliches Material in Küchen. Es gibt eine größere Akzeptanz dafür, dass so ein Stein Gebrauchsspuren bekommt und Patina ansetzt. Die Leute haben dafür etwas übrig. Sie haben eine besonders emotionale Verbindung zu dem Material. In der Tat ist Marmor mit seiner schönen Zeichnung ja sehr ansprechend. Das ist für mich die andere ganz große Stärke von Naturstein: dieser emotionale Wert.
Sie sagen auf Ihrer Website, zwischen Betrachter und Stein entstehe ein Dialog. Was ist damit gemeint?
Nicht umsonst gibt es das Wort „ansprechend“. Sensible Menschen haben durchaus ein Feeling dafür, dass so ein Naturstein etwas mit ihnen als Betrachter macht. Bis hin zu esoterischen Annahmen, dass bestimmte Steine eine heilende Wirkung haben. Das mag sein, aber soweit muss man gar nicht gehen. Naturstein ist einfach ein lebendiges Material, weil darin Jahrmillionen geologischer Geschichte und Naturgeschichte gespeichert sind. Man könnte das auch als verdichtete Energie bezeichnen. Das macht sicherlich einen Teil der Faszination aus. Von Menschenhand hergestellte Materialien können auch toll aussehen, haben demgegenüber aber eine gewisse Distanziertheit. Ihnen fehlt diese Unmittelbarkeit.
Aus der Farbpsychologie weiß man, dass bestimmte Töne anregend, andere beruhigend wirken. Gibt es auch Erkenntnisse zur psychologischen Wirkung von Naturstein?
Die Beobachtung ist doch die: Die Tür im Küchenstudio geht auf, der Kunde kommt rein, läuft als erstes auf eine Natursteinküche zu und ertastet erstmal die Struktur der Steins. Haptik spielt eine große Rolle, wobei die Hand signalisiert: Das ist angenehm! Und das verankert sich dann: Hier möchte ich verweilen.
Ein Effekt, der auch beim Verkauf hilft.
(Lacht) Richtig, weil es an positiven Gefühlen und Erinnerungen der Leute anknüpft. Zum Beispiel an den angenehm warmen Felsen, auf den man sich im letzten Urlaub am Meer gesetzt hat und der vom Wasser so schön rundgeschliffen war. Ganz ähnlich wie die satinierten Oberflächen in einer eggersmann Küche. Da entstehen tolle Assoziationen.
„SENSIBLE MENSCHEN SPÜREN, DASS SO EIN NATURSTEIN ETWAS MIT IHNEN MACHT.“
Damit es dazu kommen konnte, galt es erstmal technische Hürden zu überwinden. Welche waren das?
In Deutschland ist das Thema Küche und Naturstein noch relativ jung. Begonnen hat das in den 80er Jahren zunächst mit vier Zentimeter dicken, massiven Granitplatten – und den beträchtlichen Umständen, die damit einhergingen. Bei einem Quadratmeter von diesem Material kamen 120 Kilo Gewicht zusammen. Eine Arbeitsplatte auszuliefern, wurde jedes Mal zu einem kleinen Betriebsausflug. Deshalb kamen wir an den Punkt, zu sagen: Wir müssen das Material leichter und anschraubbar machen. Genau das ist dann Ende der 90er Jahre gelungen. Mit einem patentierten System, wie Granit aus dem Block gesägt wird, so dass die Tafel nur noch zwölf Millimeter stark kalibriert, exakt gleich dick ist und durch eine Armierung – eine Rahmen-Unterkonstruktion mit einer schraubfähigen Unterlage – unterstützt wird. Heute ist eine Naturstein-Arbeitsplatte eine Selbstverständlichkeit. Und aus der Designfeder von eggersmann sind mittlerweile schöne Varianten beigesteuert worden, etwa die verschiebbaren Platten im 11 mm-Design.
Zusammen mit eggersmann haben Sie diese Technologie zudem weiterentwickelt, damit Naturstein auch auf die anderen sichtbaren Oberflächen der Küche gebracht werden konnte – wodurch der typische monolithische Look entstanden ist. Wie ist das gelungen?
Die Herausforderung war es zunächst, die tragende Unterkonstruktion des Steins so in die Möbel zu integrieren, dass sie nicht mehr zu sehen ist. Dann ist es uns irgendwann gemeinsam gelungen, die dünnen Steinplatten direkt mit den Möbeln zu verzahnen und sie auch an die Auszüge zu adaptieren. Für die monolithische Wirkung gerade der Kücheninseln war außerdem entscheidend, dass wir schließlich die grifflose Natursteinküche entwickelt haben: Griffprofile, die sonst aus Metall oder Holz gefertigt waren, wurden aus Stein gemacht und ebenfalls in die Möbel integriert. Aber um all dies zu erreichen, mussten zumindest wir als Unternehmen Schwanekamp GmbH uns auch selbst neu erfinden.
In welcher Hinsicht?
Wir waren als Steinmetze ein traditioneller Handwerksbetrieb, der mit Fensterbänken, Treppen und Grabsteinen klassisches Bauhandwerk betrieb. Da war eine zweite Geburt nötig – wobei uns mein Studium in Bauingenieurwesen zugutekam. In dem Bereich spielen Konstruktionen zur Verbindung von Stein und Stahl eine entscheidende Rolle und das konnten wir für Naturstein ähnlich umsetzen. So haben wir es geschafft, diese leichten, dünnen Platten so stabil zu machen, dass sie sich genau wie massive Granitplatten verhalten. Wichtig ist, dass wir uns bei diesem eher ingenieursmäßigen, industriellen Denken die Sensibilität bewahrt haben: Wir gehen hier mit Naturstein um. Die finale Feinbearbeitung von Fasen oder Kanten erfolgt immer noch von Hand.
Durch die Materialeinsparungen wurde die Sache auch noch ressourcenschonender. Wie steht es allgemein um die ökologische Verträglichkeit von Naturstein?
Gut ist vor allem, dass sich der Transportaufwand erheblich reduziert hat. Die Ressource Stein also solche ist im Überfluss vorhanden. Weltweit werden gerade mal 50 Millionen Kubikmeter pro Jahr abgebaut. Das mag nach viel klingen, aber gemessen an den Gesamtvorkommen ist das, als würde man mit dem Fingernagel an der Erdkruste kratzen. Trotzdem ist es gut, dass es für Steinbrüche vermehrt regionale Vorschriften gibt, die eine Renaturierung vorschreiben. Wo früher abgebaut wurde, entstehen Parks und Seen. Das habe ich gerade wieder auf einer Steinreise nach Brasilien auf beeindruckende Weise demonstriert bekommen. Auf die blühenden Landschaften im alten Abbau war der Steinbruchbesitzer fast stolzer als auf seinen aktuellen Betrieb.
„MAN STÖSST IMMER NOCH FORTWÄHREND AUF NEUE SORTEN.“
Wenn Sie so durch die Welt fahren, entdecken Sie dabei noch ganz neue Materialien?
Dazu habe ich in Brasilien auch etwas Interessantes gesehen. Es gibt dort ein Institut, das Funde analysiert und katalogisiert – und die kommen gar nicht hinterher. Man stößt fortwährend auf neue Sorten. Wobei man klar sagen muss: Natürlich gibt es keine grundsätzlich unbekannten geologischen Gesteine mehr zu entdecken, aber immer noch andere Farben und Strukturen. Deshalb sprechen wir regelmäßig mit unseren Zulieferern: Was gibt es Neues?
Und, was gibt es Neues?
Zum Beispiel haben wir vor Kurzem ein Abkommen mit einem Steinbruch in Österreich geschlossen. Dadurch haben wir Zugriff auf ein Material bekommen, dessen Abbau nur sehr eingeschränkt möglich ist. Es geht da um einen Stein namens „Tauerngrün“. Das ist geologisch gesehen ein Serpentinit, der farblich zwischen Hellgrün und Dunkelgrün schwankt. Dieses Gestein ist wirklich faszinierend. Es hat eine schöne Zeichnung, ist aber trotzdem sehr robust und säurebeständig. Das ist ein wichtiger Trend der letzten Jahre: Man sucht verstärkt nach schön gezeichneten, auch marmorähnlichen Natursteinen, die trotzdem äußerst küchentauglich sind.
eggersmann und Schwanekamp haben ein großes gemeinsames Programm. Wenn es trotzdem mal einen Sonderwunsch gibt, wie gehen Sie damit um?
Das bedeutet dann schon einen größeren Aufwand. Wir müssen das Material erstmal beschaffen und es auf 11 Millimeter kalibrieren. Aber wenn höhere Kosten akzeptiert werden, machen wir vieles möglich. Allerdings weisen wir dann auch auf die Risiken hin. So ein Stein muss ja eigentlich erstmal in unserem Labor gründlich getestet werden.
„NATURBELASSENER KANN EIN MATERIAL KAUM SEIN.“
Wie laufen solche Tests ab?
Das ist ein DIN-Prüfprogramm, in dem Senf, Wein, Ketchup und alles andere vorkommt, was im Haushalt gerne genutzt wird. Es gibt da so ein Raster, auf das diese Stoffe aufgetragen werden, um die Reaktionszeiten abzuprüfen – von einer bis zu 24 Stunden, je nachdem was da gerade für ein Angriff auf den Stein stattfindet. Das Ergebnis wird hinterher wie mit Schulnoten bewerten.
Auch wenn ein Stein umfassend getestet und gut imprägniert ist, sollte man ihn sorgsam pflegen. Was geben Sie als Naturstein-Profi den Leuten dazu mit auf den Weg?
Ich gebe ihnen ein Pflegemittel mit auf den Weg, das eine Natursteinseife enthält. Und den Rat, dass sie das von Zeit zu Zeit auftragen sollen. Oft kommt dann die Frage: Was genau heißt „von Zeit zu Zeit“? Da sage ich dann immer: Fragen Sie den Stein zwischendurch am besten mal selbst, ob er noch ein bisschen Seife will. Soll heißen: Sie merken das selber. Wenn er etwas trocken daherkommt, dann kann er das gebrauchen. Sie müssen ihn nur fragen.
Da wird der Dialog mit dem Stein ganz konkret.
(lacht) So ist es.
Verzeiht einem der Stein denn auch, wenn man aus Versehen doch mal eine Macke reinhaut?
Die meisten Natursteine lassen sich relativ leicht reparieren. Die Lücke wird dann mit Steinersatzmaterial gefüllt, dafür haben wir extra Kosmetiker im Haus, die damit sehr gut umgehen können. Im deutschsprachigen Raum kann unser Kundendienst solche Reparaturen auch vor Ort vornehmen.
Zuletzt eine persönliche Frage: Zu welchem Stein haben Sie selbst die engste emotionale Verbindung?
Ganz klar: brasilianischer Schiefer. Den liebe ich. Daraus sind bei uns nicht nur die Küchenoberflächen, sondern auch viele Fußböden. Es gibt hier praktisch keinen Raum, in dem dieser Stein nicht vorkommt. Allerdings ist er etwas kratzempfindlich, ich könnte Ihnen zum Beispiel genau zeigen, wo ich in der Küche immer meine Weinflasche aufmache. Aber das gehört für mich zu dieser Faszination. Die beginnt schon damit, wie dieses Material gewonnen wird. Die Platten werden nicht geschnitten, sondern von Hand gespalten. Die Oberfläche in geschliffener Form ist wie Seide. Weniger kann man nicht machen, naturbelassener kann ein Material kaum sein.
Die andere Dimension von Küche
Wir sind bereit, für die individuellen Wünsche unserer Kunden immer neue Wege zu gehen. Deshalb gibt es da einiges zu zeigen und erzählen.