Küche immer neu erfinden, das ist der Anspruch von eggersmann. Jüngstes Produkt dieser Leidenschaft ist die „nami“, die gemeinsam mit dem New Yorker Designbüro YabuPushelberg entwickelt wurde. Ein Gespräch mit den beiden Gründern – über das nächste Level des Küchendesigns.
Fotos: Joachim Grothus, YabuPushelberg | Interview: Oliver Geyer
Wie ist das Büro entstanden und für welche anderen großen Unternehmen und namhaften Marken arbeitet Ihr?
Glenn Pushelberg:
Wir haben vor 22 Jahren begonnen, als wir zwei Jahre alt waren (er lacht). Nein, im Ernst: Wir haben kurz nach der Schule zusammen gestartet – als einfaches Büro für Produktdesign. Heute gestalten wir Möbel für verschiedenste internationale Marken, unter anderem für Molteni, für Salvatori Bathroom, für Glas Italia und für Tribù. Inzwischen können wir eine Menge großartiger Namen vorweisen. Wie es dazu gekommen ist: Wir beide stammen aus Kanada und haben vor einigen Jahren damit begonnen, Kollegen von dort zu rekrutieren, die auf Industrial Design spezialisiert sind. Die haben immer einen großartigen Job gemacht aber dann wurde die Produktion in Kanada stark zurückgefahren. Daher konnten wir einige gute Leute dafür gewinnen, zu uns nach New York City zu kommen. Als wir unsere Arbeiten verschiedenen Herstellern in Europa gezeigt haben, kam das gut an. Es hat sich regelrecht wie ein Feuer verbreitet.
George Yabu:
Es ist schon eine größere Herausforderung, die Europäer zu überzeugen, besonders die Italiener. Die Designbranche dort, das sind ziemlich geschlossene Zirkel. Für einen Anbieter aus den USA ist es schwierig, in diesen Markt hineinzukommen. Wir können sehr froh sein, dass wir überzeugt haben. Obwohl wir etwas naiv an die Sache rangegangen sind.
Glenn Pushelberg:
(lacht) Genau das war doch der richtige Weg, George!
Wie kam es zu der Zusammenarbeit zwischen Euch und eggersmann?
Glenn Pushelberg:
Michael Wunram und Michael Brinkjost von eggersmann haben uns in unserem Büro in New York besucht und uns den Vorschlag unterbreitet, gemeinsam eine Küche zu entwickeln. Ich habe keinen Moment gezögert und dachte: Das ist eine großartige Idee! Wir hatten direkt eine gute Ebene miteinander.
George Yabu:
Das war interessant, weil sozusagen ihre DNA zu uns passte. Ich sah sofort, wie leidenschaftlich sie bezüglich Engineering und extrem hochwertiger Verarbeitung sind. Das war alles ungemein beeindruckend. Meine Idee war nun, dass wir dem Perfektionsstreben von eggersmann noch etwas hinzufügen konnten: Ich wollte diese Präzision und Detailverliebtheit mit einer künstlerischen Note anreichern, die insbesondere die Kücheninsel zu einem Ereignis macht.
eggersmann produziert Highend-Technologie, zum Beispiel mit der perfekten Verbindung von Auszügen und filigranen Natursteinfronten. Trotzdem sind sie ganz leichtgängig! Dieses Engineering ist wirklich beeindruckend, das ist wie Magie. Mit nami wollten wir die künstlerische, intuitive Wirkung noch verstärkten. Das passte sehr gut zu der Arbeit, die wir seit ein paar Jahren international im Bereich Wohnen und Möbel machen.
Wie lief die Zusammenarbeit, stimmte die Chemie?
Glenn Pushelberg:
Ja, definitiv. Bei eggersmann herrscht eine Großzügigkeit im Geiste. Das Unternehmen ist trotz seines internationalen Erfolges immer noch ein Familienbetrieb, in dem küchenbegeisterte Menschen arbeiten, denen das Thema ein echtes Herzensanliegen ist. Das spielt für uns eine wichtige Rolle. In der Zusammenarbeit mit großen Konzernen tun wir uns manchmal etwas schwer. Da wird meist wenig dem eigenen Bauchgefühl getraut, sondern streng nach Marketingstrategie entschieden. Und immer reden sehr viele Leute mit. Familienunternehmen wie eggersmann passen besser zu uns, weil es dort diesen klassischen Unternehmertypus gibt, der einfach mal den nächsten Schritt wagt. Außerdem hatten wir den Vorteil, dass wir schon in vielen Teilen der Welt an Projekten mitgewirkt haben. Dadurch haben wir inzwischen ein gutes Verständnis, wie in den verschiedenen Kulturen gearbeitet wird. Wenn es um Küchen geht, wird es besonders interessant: Nach meiner Beobachtung sind die Europäer die letzten Menschen auf dieser Welt, die noch tatsächlich kochen.
George Yabu:
(lacht) Das glaube ich nicht.
Glenn Pushelberg:
Warte einen Moment, George … Die junge Generation in Amerika führt ein extrem effizienzorientiertes Leben und wärmt ihr Essen deshalb praktisch nur noch auf, anstatt zeitaufwendig zu kochen. Die Auswahl an Ready-to-eat-Meals hier ist beeindruckend. Oder die Leute gehen gleich ins Restaurant. In Asien wiederum ist es so: Gehörst du zur gehobenen Mittel- oder Oberschicht, hast du Hausangestellte. Dann besitzt du eine Arbeitsküche, in der für dich gekocht wird. Zusätzlich gibt es eine Showküche, die ganz anderen Zwecken dient. International gesehen hat sich die Bedeutung der Küche also sehr verändert. Sie ist zu einem Ort geworden, an dem es zunehmend darum geht, dass man hier zusammenkommt. Zum Beispiel um morgens gemeinsam den ersten Kaffee zu trinken, oder um vor dem Abendessen einen Drink zu nehmen. Das muss man alles berücksichtigen, wenn man heute zeitgemäße Küchen gestalten will.
Seid Ihr angesichts dieser Veränderungen bewusst noch einen Schritt weiter gegangen? Ihr habt etwas kreiert, das nicht mehr wie eine klassische Küche aussieht.
George Yabu:
Dazu haben uns zwei Dinge inspiriert. Das eine war in der Tat Kunst. Wir wollten eine ausdrucksstarke Küche schaffen, die von ihrer Präsenz und Ausstrahlung her wie ein Kunstwerk, wie eine Skulptur wirkt.
Es sollte eine Küche sein, die zwar sehr funktional ist, aber nicht auf den ersten Blick danach aussieht.
Sie sollte den Raum nicht dominieren, aber auch nicht verschwinden. Um dies zu erreichen, haben wir diese skulpturale Insel entworfen sowie ein Schranksystem das eher offenbart als verbirgt und das mit seinen Schiebetüren sehr wandlungsfähig ist. Die andere Inspiration war die schon erwähnte Gewohnheit der Menschen, heute vor und nach dem Essen oder bei welcher Gelegenheit auch immer am Küchentresen zusammenkommen. Deshalb: „nami“ ist immer noch eine Küche, aber die eigentlich funktionale Insel, wird immer mehr zu einer Bar.
Glenn Pushelberg:
… oder zu einem Tisch, wo man ein kleines Frühstück zu sich nimmt. Wir arbeiten in letzter Zeit für verschiedene größere Wohnprojekte, zum Beispiel in Tokio und Hongkong. Es geht da um hochpreisige Lofts, die viel Platz bieten. Im Hintergrund, eher versteckt, haben die Leute ihre Arbeitsküche. Aber vorne, in der Showküche, geht es immer mehr um diesen Bar-Charakter. Deshalb werden Kücheninseln zunehmend zu Design-Objekten. Wir wollten etwas gestalten, das uns sofort anspricht. Weil es anders ist.
George Yabu:
So ist es: Den ikonischen, dunklen Riegel wollten wir nicht. Uns ging es dabei stark um die Psychologie des Objekts – wie man sich dort gegenübersteht: der Gast auf der einen Seite und der Gastgeber auf der anderen. Es kam uns darauf an, dass zwischen dir und deinen Gästen eine größere Offenheit entsteht, die einen Austausch zwischen beiden Seiten fördert. Das Objekt sollte atmen. Mit anderen Worten: Der Gast soll sich eingeladen fühlen, auch auf die andere Seite zu kommen und nicht, wie am Tresen in einem Café, auf seiner Seite bleiben. So haben wie eine Insel geschaffen, die unseres Erachtens die Menschen noch stärker verbindet.
Glenn Pushelberg:
Du sagst es!
George Yabu:
Die Menschen kreisen um dieses Objekt und fühlen sich davon angezogen. Und aus demselben Grund – weil die Insel einladender und intergrierender wirkt, dominiert sie den Raum nicht so sehr.
Laut der Produktbeschreibung von nami wolltet ihr ein Küchendesign entwickeln, das sich mit dem Lifestyle der Menschen weiterentwickelt. Wie ist das zu verstehen?
George Yabu:
„nami“ bedeutet auf Japanisch „Welle“. Als erstes denkt man natürlich an eine Meereswoge. Und auch das Öffnen und Schließen der Schiebetüren im Hintergrund erinnert an die wechselnden Gezeiten, denen im Fall einer Küche der ständig wechselnde Raumbedarf entspricht. Aber das lässt sich noch anders deuten: Heutzutage hat man auch viele gesellschaftliche Veränderungen, die wie Wellen sind. Jeder von uns erlebt im Alltag, wie eine Vielzahl von neuen Konstellationen an die Stelle ehemaliger Routinen tritt. Auch das wollen wir damit zum Ausdruck bringen.
Glenn Pushelberg:
Diese Welle wird ganz konkret, wenn wir hier in New York abends bei uns privat zu einem Empfang einladen und manchmal über hundert Menschen kommen. Dann wird die Küche zu einer Art Buffet, wie man es in der Gastronomie kennt.
Ist nur der Name oder auch das Design japanisch inspiriert?
George Yabu:
Nein, den japanischen Namen haben wir vor allem gewählt, weil er uns inhaltlich so treffend erscheint. Was allerdings stimmt: Die Insel sieht tatsächlich aus wie etwas, das aus der Erde gekommen ist – wie ein Fels. Im japanischen Design gibt es oft diese Bezüge zu Naturphänomenen und organischen Gebilden. Aber wir haben diesen Fels genommen und etwas daraus geformt: eine Form, die Freude machen soll, die anziehend auf die Menschen wirkt und sie verbindet.
„Dieses Engineering ist wirklich beeindruckend, das ist wie Magie. Mit nami wollten wir die künstlerische, intuitive Wirkung noch verstärkten.“
George Yabu
Was ist Eure Designphilosophie und wie habt ihr sie mit nami auf eggersmann angewandt?
Glenn Pushelberg:
Wir haben eine große Wertschätzung für Handwerkskunst und Authentizität. Ich denke im Fall von nami haben wir in der Tat eine besondere Mischung aus deutschem Engineering und einem gewissen japanischen Designeinfluss bzw. einer japanische Ästhetik kreiert. Beides fließt darin sehr schön zusammen. Wobei ich sagen muss: Ich sehe durchaus deutliche Parallelen zwischen dem japanischem und deutschen Ansatz. Hier wie dort gibt es dieses große Perfektionsstreben.
Das international agierende Designbüro Yabu Pushelberg hat sich der Schaffung von herausragenden Design-Erfahrungen und Markenidentitäten verschrieben. Durch ihren integrierten Ansatz aus Ideenfindung, Gestaltung und Kuration konnten sich die Gründer George Yabu und Glenn Pushelberg als führende Köpfe in verschiedensten Designdisziplinen etablieren. Ihre Büros in Toronto und New York bieten heute das ganze Spektrum – von Architektur und Landschaftsarchitektur über Inneneinrichtung, Beleuchtung, Möbel und Textilien bis zu Branding und Grafik. Mit diesem umfassenden Konzept definiert YabuPushelberg modernen Luxus auf der ganzen Welt neu.
Die andere Dimension von Küche
Wir sind bereit, für die individuellen Wünsche unserer Kunden immer neue Wege zu gehen. Deshalb gibt es da einiges zu zeigen und erzählen.